Junge Pianisten und Pianistinnen im Kunst & Klavierstudio24
Das Konzert am 17. Juni 2023 wird seit März vorbereitet. Ein Zwölf-Wochenplan berücksichtigt zusätzlich die Ferienzeiten, Ausfall wegen Krankheit und wenn der Schüler/die Schülerin mal „keine Zeit zum Üben“ hatte.
Die Vorbereitung beginnt bei der Auswahl der Stücke. Die Schülerinnen und Schüler entscheiden mit. Es kommt ein buntes Programm zusammen von einem Kleinen Tanz von Wolfgang Amadeus Mozart, sechshändigen Klavierstücken von Manfred Schmitz, über Filmmusik aus Harry Potter bis zu einem vierhändigen Walzer von Johannes Brahms. Dann geht es los mit dem Üben. Im Unterricht und zu Hause werden kurze Abschnitte ein und zweihändig immer wieder drei bis fünfmal wiederholt und auswendig gelernt. Fingersatz und Bewegungsabläufe, Rhythmus, Dynamik und Artikulation werden dabei beachtet und trainiert. So geht es durch das ganze Stück bis die Struktur steht. Nach circa vier bis sechs Wochen können die Schülerinnen und Schüler die Stücke gleichmäßig im langsamen Tempo durchspielen.
Mit Hilfe von kreativen Übungstechniken, – z.B. Oktavieren, der Lehrer/die Lehrerin spielt die rechte, der Schüler/die Schülerin die linke Hand und umgekehrt, Klatschen der Rhythmen in linker und rechter Hand auf die Oberschenkel, Analyse musiktheoretischer Aspekte wie Intervalle und Harmonien, Vor- und Nachspielen nach Gehör, Fingersatz auf den Klavierdeckel klopfen, – verinnerlichen die Schüler Klang, Struktur und den Charakter des Stückes. Die innere Vorstellung von Bildern unterstützt die Klangvorstellung und den musikalischen Ausdruck. „Spiele wie…als ob…“ bringt den Schüler/die Schülerin häufig zum Lächeln. Spaß bereitet es auch, das Konzertstück zum Spiel des Lehrers mit zu dirigieren, oder umgekehrt, der Lehrer/die Lehrerin spielt das Stück zum Dirigat des Schülers. Dabei erkennt der Schüler selbst vorhandene Schwachstellen.
Wenn die ersten Schritte gelernt sind, folgt circa ab der fünften Woche das Spiel mit geschlossenen Augen, blindes Spiel genannt. Tast- und Hörsinn werden dadurch gesteigert.
Die erste Übungsphase nimmt den größten Raum ein und erstreckt sich dann über weitere Übungsphasen, abgestimmt mit dem individuellen Lerntempo der Schüler und Schülerinnen. Die Wocheneinteilung zeigt eine grobe Struktur. Aus Erfahrung kommen bis zum Konzert alle ans Ziel.
Ab der sechsten Woche helfen Ton- oder Videoaufnahmen – einfach mit Hilfe des Handys -, um den musikalischen Ausdruck noch bewusster wahrzunehmen und zu verfeinern. Das hat außerdem den Nebeneffekt einer Vorspielsituation. Die Schüler und Schülerinnen spielen konzentrierter und aufmerksamer, wenn die Aufnahme läuft. Zusätzlich ist es eine schöne Erinnerung.
Noch vier Wochen bis zum Konzerttermin. Mit Körperübungen aus der Alexandertechnik für Musiker wird der Schüler/die Schülerin ab der neunten Woche ganzheitlich auf die Vorspielsituation vorbereitet. Als erstes werden die Füße über einen Igel- oder Tennisball abgerollt. Das erdet, entspannt und macht auch den Rücken gerade. Bei der Grashalmübung beugt sich der Körper im Stehen, Füße stehen schulterbreit, von der Mitte nach vorne und nach hinten. Beim Sitzhöckerrennen mit dem Lehrer/der Lehrerin bewegt sich der Schüler/die Schülerin auf der Klavierbank nach vorne und nach hinten. Der Kopf wird durch kleines Nicken, wie bei einer Wippe, zwischen Nasenspitze und einem hohen Pferdeschwanz hin und her bewegt. Auch durch ein kleines „Nein“, dem Hin- und Herdrehen des Kopfes von der Nasenspitze aus, findet man in seine Mitte und kann im obersten Kopfgelenk ruhen. Beide Arme lässt man hängen. Oder man stellt sich links und rechts zwei Eimer mit Popkorn vor. Die Hände greifen hinein und bringen die Arme nach oben. Nach mehreren Wiederholungen werden die Hände über die Ellenbogen auf die Klaviertasten geführt. Bälle oder Sockenpaare unter den Achseln sorgen für Weite im Schulterbereich. Wenn die Hände die Tasten berühren, atmet der Schüler/die Schülerin dreimal durch, stellt sich die ersten Töne des Stückes vor und fängt dann beim Ausatmen an zu spielen. In der Vorstellung sollen die Schüler und Schülerinnen auch nach hinten und in alle Ecken des Raumes spielen.
Affirmationen wie: „Ich liebe es aufzutreten und ich weiß, dass ich die Menschen mit meiner Musik berühre“; oder: „Ich kann, ich will, ich freu mich drauf“, bauen mental das Lampenfieber ab. Und was tun beim Verspielen? 1. Lächeln, 2. Weiterspielen, 3. Im Tempo bleiben. Es ist ganz normal und kann jedem mal passieren.
Die finale Lernphase vor dem Konzert.
In der letzten Phase, circa zwei Wochen vor dem Konzert, werden die Stücke in Abschnitten im langsamen Tempo gespielt, ganz bewusst und ohne Automatismus, gerade wenn die Stücke schon gekonnt sind. Erneute Videoaufnahmen steigern die Konzentration, sind bleibende Erinnerungen.
Am Konzerttag selbst trägt das passende Outfit zur entsprechenden Stimmung bei. Vor dem Konzert werden die Stücke zum „Aufwärmen“ langsam durchgespielt. Beim Konzertauftritt auf dem Weg zum Flügel hilft es, mit der Aufmerksamkeit in den Füßen zu sein, um ganz bei sich zu bleiben. Auch beim Spielen werden immer beide Füße wie verwurzelt am Boden gehalten. Am besten links und rechts von den Pedalen. Die Arme „gleiten durchs Popkorn“, die Hände berühren die Tasten, der Pianist/die Pianistin atmet bewusst, stellt sich die ersten Klänge vor und fängt beim Ausatmen an zu spielen. Am Schluss, nach dem Spiel, wenn die Anspannung sich gelöst hat, kann der Schüler/die Schülerin sich verbeugen und den Applaus lächelnd entgegennehmen.
Wenn 60% von dem erreicht werden, was der Schüler/die Schülerin vorher geübt und gelernt hat, kann er/sie zufrieden sein.
In der nächsten Klavierstunde wird dann darüber gesprochen, was der Schüler/die Schülerin gut fand. Eine positive Selbstreflexion motiviert zum Weitermachen, denn: nach dem Konzert ist vor dem Konzert.